CHIRURGIE

Die moderne Schilddrüsenchirurgie von heute besticht durch chirurgische Verbesserungen und technische Innovation und führte zur minimal-invasiven Knopflochchirurgie ganz zum Vorteil der Patienten.

Wer braucht eine operation der schilddrüsenknoten?

Die Anzahl neu diagnostizierter Schilddrüsenknoten zeigt weltweit einen drastischen Anstieg seit 1990. Das Vorkommen auch in der Schweiz hat sich in den letzten 10 Jahre 3-fach erhöht. Die Inzidenzsteigerung widerspiegelt aber auch die heutzutage gute Diagnostik und modernen Untersuchungsmethoden. Damit können aber auch frühe Stadien von bösartigen Knoten zu einem Zeitpunkt gefunden werden, wo sie für den Patienten heilbar sind. Auch die Inzidenzrate der Frühkarzinome resp. die Häufigkeit der bösartig entarteten Schilddrüsenknoten hat sich in den letzten Jahren deutlich gesteigert. Wir finden bei jedem 7. Schilddrüsenknoten ein sogenanntes Frühstadium eines bösartigen Karzinoms. In der Schweiz betrifft das 15 Fälle auf 100'000 Personen und zeigt weiter eine steigende Tendenz. Als direkte Folge dazu gelangen natürlich viel kleinere Schilddrüsenknoten zur Abklärung und zur Fragestellung einer invasiven Behandlung mit Thermoablation oder minimal-invasivem chirurgischem Vorgehen. Aufgrund dieser Frühentdeckung von kleinen aber auffälligen Knoten und aufgrund der heutzutage hervorragend etablierten und für den Patienten wenig belastenden Abklärungsmethoden, wie Feinnadelpunktionen und hochauflösendem Ultraschall werden immer häufiger auch kleine Knoten behandelt. 

 

Im Gegensatz zur Thermoablation ist die Chirurgie für den Patienten speziell dann von Wichtigkeit, wenn es um den Ausschluss eines bösartigen Leidens geht oder der Knoten das Ausmass der Ablationsindikationsgrundlagen überschreitet. In den letzten Jahren wurden auch neue Techniken gesucht um die kleinen Knoten mit möglichst wenig sichtbarer Narbe zu behandeln und es ist auch ein entscheidender Fortschritt in der minimal-invasiven Behandlung der bösartigen Knoten festzustellen. Die Entwicklung der minimal-invasiven Zugänge (Knopflochchirurgie) macht also auch in der Chirurgie der Schilddrüse nicht halt. Der Einsatz von modernsten Operationsrobotern oder videoassistierten Knopflochmethoden ist heutzutage etabliert und wird bei uns in ausgesuchten Fällen unseren Patienten angeboten. Diese Vorgehensweisen sind aber nur in geübten und erfahrenen Händen von spezialisierten Chirurgen an hochfrequentierten Schilddrüsenzentren zu empfehlen, wobei der zeitliche Aufwand und dadurch die anästhesiologische Belastung um ein Vielfaches vergrössert ist. 

welche vorteile bietet die minimal-invasive chirurgie (mivat roboter- und videoassistierte knopflochchirurgie)?

  1. Standardzugang aller benignen kleinen Tumore, welche die Grösse für eine Thermoablation überschreiten.
  2. Gesichtschirurgischer ästhetischer Zugang mit kleiner Narbe (4 cm) und schönen Resultaten.
  3. Kurze Vollnarkosezeit in geübten und erfahrenen Händen (60 – 90 Minuten).
  4. Sehr niedrige Komplikationsrate insbesondere Vermeiden von permanenten Stimmbandnervschädigungen oder Nebenschilddrüsenkörperchenverletzungen.
  5. Intraoperative Funktionsprüfungen des Stimmbandnervens durch den minimal-invasiven Zugang möglich.
  6. Kurze Hospitalisationszeit von 2 bis 3 Tagen.  

minimal invasive schilddrüsenchirurgie

Im Rahmen der Sicherheit unserer Patienten und mit der Auflage eines korrekten Resektionsausmasses sowie eines ästhetisch bestmöglichen Ergebnisses, werden heute auch bei bösartigen Knoten minimal-invasive Operationstechniken gebraucht.

Die Schilddrüsenchirurgie, eine der ältesten allgemeinchirurgischen Operationen, hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Heute zählt sie zur Spezialmedizin, welche neu die Qualifikation von spezialisierten Chirurgen verlangt.

Im Mittelpunkt der chirurgischen Anforderung steht nach wie vor die Vermeidung von Schäden am Stimmbandnerv. Während man früher von Schädigungsraten von circa 10 % und mehr ausging, spricht man heute von 1 % und weniger. Im Idealfall ist es möglich, eine Stimmbandschädigungsrate zu erreichen, die gegen 0 % tendiert. Basis hierfür ist die nachgewiesene Erfahrung von spezialisierten Schilddrüsenchirurgen und damit eine sicherere Präparation des Organs. Die Schilddrüsenchirurgie sollte heute nicht mehr mit blossem Auge, sondern unter Lupenvergrösserung und mit mikroskopischer Vergrösserung erfolgen. Einen weiteren wesentlichen Fortschritt zum Schutz des Stimmbandnervs stellt die Anwendung des Neuromonitorings dar. Mit dieser Technik wird während der Operation die Nervenfunktion überprüft, um intraoperativ Nervengewebe von anderem Gewebe zu unterscheiden. Man kann heute davon ausgehen, dass das Problem der Stimmbandschädigung durch diese beiden Massnahmen im Wesentlichen gelöst ist. Leider wird aber der Kehlkopfnerv noch nicht ausreichend beachtet und geschont.

erhaltung der nebenschilddrüsen

Seit ein paar Jahren tritt der Schutz der Nebenschilddrüsen zunehmend in den Vordergrund. Im Zeitalter der gehäuften Osteoporose sind der Schutz und die Funktionserhaltung der vier kleinen Nebenschilddrüsen, die unmittelbar an der Schilddrüse liegen, überaus wichtig. Sie sind verantwortlich für den Kalziumhaushalt des Menschen und bilden damit im Wesentlichen die Grundlage eines intakten Knochenbaus. Da der Ausfall der Nebenschilddrüsen für einen Patienten sicherlich einschneidender ist als eine einseitige Stimmbandlähmung, sollten alle Anstrengungen darauf gerichtet werden, ihre Funktion zu erhalten. Hierzu gehört die saubere intraoperative Präparation und Identifikation der Nebenschilddrüsen, die sorgfältige Untersuchung des Schilddrüsenpräparates nach dessen Entnahme und ein eventuelles Reimplantieren der Nebenschilddrüsen in die Halsmuskulatur. Der Schutz der Nebenschilddrüsen tritt zunehmend in den Vordergrund.

vollständige entfernung

Die Qualitätsbeurteilung der modernen Schilddrüsenchirurgie lässt sich nicht allein an der Rate der permanenten Stimmbandlähmungen oder der Ausfälle der Nebenschilddrüsen festmachen. Wichtig für den Patienten und die Prognose seiner Schilddrüsenerkrankung ist das Ausmass der Schilddrüsenresektion. Es scheint einfacher und sicherer, nur eine Teilentfernung der Schilddrüse durchzuführen. Auf die Dauer führt diese veraltete Praxis jedoch zu hohen Rezidivraten und damit zu Zweiteingriffen, die Rate von Stimmbandlähmungen beziehungsweise bleibenden Nebenschilddrüsenschäden erhöhen. Das Konzept der Teilresektion von Schilddrüsen, die Strumektomie, entspricht nicht mehr den internationalen Standards.

Demnach wird heutzutage bei einer einseitig knotig veränderten Schilddrüse immer der gesamte betroffene Schilddrüsenlappen entfernt. Bei beidseitig knotig veränderten Schilddrüsen wird eine beidseitig totale Schilddrüsenlappenresektion durchgeführt. Dank einer primären und gut geplanten Präparation des Stimmband- und des Kehlkopfnervs sowie der Nebenschilddrüsen ist eine permanente Schädigung dieser Strukturen viel seltener. 

zweite beurteilung während der operation

Die interdisziplinäre Absprache und das Zusammenwirken eines Teams, bestehend aus einem Chirurgen, einem Halschirurgen und einem Pathologen, verbessert eindeutig die Indikationsstellung zur Operation und verhindert unnötige Eingriffe. Dank der intraoperativen Beurteilung durch den Halschirurgen können die Sicherheit für den Patienten und die Qualität deutlich erhöht werden.

In den schwierigen Fällen von fraglichen Schilddrüsenkarzinomen wird das Team durch einen im Operationssaal anwesenden Pathologen und dessen mikroskopische Diagnostik komplettiert. Ein Zweiteingriff wegen übersehener Karzinome wird dadurch unnötig. Die Heilungschancen bei Schilddrüsenkarzinome sind sehr gut. Da in den meisten Fällen jüngere Patienten betroffen sind, beträgt die Lebenserwartung mehrere Jahrzehnte. Durch eine sachgemässe interdisziplinäre Behandlung kann eine deutlich höhere Lebenserwartung als bei anderen bösartigen Tumorerkrankungen erreicht werden.

kosmetische wünsche berücksichtigen

Für Patientinnen und Patienten an oberster Stelle steht die kosmetisch günstige Anlage des Halsschnittes. Auch in der Schilddrüsenchirurgie hat die ästhetische, minimalinvasive Operationstechnik enorme Fortschritte gebracht. Statt eines früher 6 bis 10 cm langen Zugangs genügt heute für die Schilddrüsenentfernung ein Schnitt von 2 bis 3 cm, der zudem in die Halsfalte gelegt werden kann und praktisch unsichtbar bleibt. Schnittlängen über 3 cm sind heute nur noch in wenigen Ausnahmefällen bei Karzinomen erforderlich.  

kontaktdaten des autors

PROF. DR. MED. CLAUDIO A. REDAELLI

Facharzt für Chirurgie FMH,

spez. Viszeralchirurgie und Endokrine Chirurgie

 

Züricher Viszeralchirurgie, Klinik Hirslanden

Witellikerstrasse 40, 8032 Zürich

Email: redaelli@zvc.ch 

Telefon: +41 44 387 3080